Verfasst von: benberlin | 9. August 2009

Eine Welt ohne Frauen – Was bliebe übrig? Das Paradies – oder die Hölle auf Erden?

Foto/Bearbeitung: M. Nakoinz

Eine Welt ohne Frauen

Es geht auch ohne“, dachte ich mir an jenem Abend, als ich mich von meiner Freundin trennte und mir schwor: „Nie wieder Weiber!“ Doch in der nächsten Nacht hatte ich einen seltsamen Traum. An mir zog die ganze Menschheitsgeschichte vorbei. Oder vielmehr – die halbe.

Neben mir stehen drei seltsame Figuren, die orientierungslos in einer Scheune versammelt sind. Sie umspielt ein kleines Irrlicht. Sein Glanz taucht die Umgebung in ein mattes Froschgrün. Es sieht aus, als suche es etwas; nennt sich selbst „Heiliger Geist“ und zieht bald unverrichteter Dinge von dannen. Dabei murmelt es noch so etwas wie: „Kein dämlicher Gehörgang…“, vor sich her. Als Josef gerade etwas sagen will, blinzle ich kurz und finde meinen Blick schlagartig auf die inneren Stadtmauern Trojas gerichtet. Als ich mich umblicke, sehe ich nur einige Männer teilnahmslos durch die sandigen Straßen schlendern. Überall trinken Griechen und Trojaner Kaffee miteinander – natürlich mit Bodensatz, denn den Kaffeefilter erfand eine gewisse Melitta Bentz. Kurz bevor man aus einer Laune heraus die Stadt anzündete, schloss ich meine Augen. Hätte ich gewusst, was ich sehen würde, nachdem ich sie wieder öffnete…

Als ich es tat, fand ich mich in einem von Engländern unterworfenen Frankreich des 14. Jahrhunderts wieder. Ohne Jeanne d’Arc war Orléans und nach ihm das demotivierte Frankreich gefallen. So kam es nie zu einer Wende im 100-jährigen Krieg und um mich herum sitzen nun lediglich eine Handvoll gelangweilter Engländer an der Loire und genießen ihren Earl Grey. Die Ritter des Mittelalters haben weder um die Minne der Frauen, noch um den Gral zu kämpfen (denn es kam ja nie zur Geburt Jesu). Keine Kreuzzüge bedeutet: keine Ausweitung des Fernhandels auf kapitalistischer Basis. So entwickelte sich bis in die Neuzeit die Monarchie als weltweit vorherrschende Regierungsform. – Auf meiner weiteren Reise begegneten mir mehr und mehr Leid und Trostlosigkeit. Ein unbekannter Renaissance-Künstler meinte zu mir: „Ich habe mal eine Skulptur ohne Tunika gefertigt und sie ‚David‘ genannt. Sie war aber kein großer Erfolg.“ Und wurde es nie – in einer Welt ohne Eros, Lust und ohne Liebe. In einer solchen Welt musste ich mit ansehen, wie Goethe, von der Muse ungeküsst, zu einem mittelmäßigen Rechtsanwalt verkümmerte.

Im 20. Jahrhundert
haben wir Männer Grillwürste, Mundgeruch und weder Selbstwertmangel noch Beziehungsprobleme. Aber ohne Widerstand, Sex und emotionale Erfahrung umgreift etwas Zerstörerisches die Welt, mit spinnenbeindünnen Fingern, eiskalt wie Marmor: die Langeweile. Wir haben zwar keine durchlöcherten Herzen und fühlen keine Schmerzen. Doch wissen wir auch nichts mit unseren Herzen anzufangen. Ebenso ist uns unser Aussehen egal und wir fahren keine protzigen Autos. Wem sollen wir auch imponieren? Wozu sportlicher Wettkampf? Gebrechlich wie wir sind, sitzen alle in Stadien, um Vorträge über nicht-euklidische Geometrie zu hören. Diskos sind wie ausgestorben. Nur vereinzelt stehen einige Gestalten herum und trinken ungefilterten Kaffee. Und wieder Langeweile.

Weil wir es nicht besser wissen, leben wir ungesund und kurz. In dieses kurze Leben gelangen wir ebenfalls unspektakulär. Im geschlechtsfähigen Alter zieht der „Vater“ dem Sprössling am Finger, woraufhin Hans-Peter ein Ei legt. Dies fällt auf den Boden und heraus kommt „Hans-Peter jun.“. Ohne Frauen beeindrucken zu müssen, sind wir schrecklich unkreativ. So gibt es auch keine Liebesfilme oder Harry-Potter-Romane und überhaupt wandern wir Männer nur ziellos umher, riechen widerlich nach Whisky und Narbensalben, bis wir schließlich von der Klobrille rutschen und sterben.

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Fundstücke

Mit jedem neuen Augenaufschlag musste ich eine weitere Episode ertragen. Ich sah, wie König Clinton, ohne seine Königin im Rücken, nach nur einem Jahr abtreten musste und so schon 1994 die Bushdynastie fortgesetzt wurde. Ein Jahr darauf verschwanden dann bereits die Twin Towers. Die Reaktion darauf war ein übereilter Krieg gegen die ganze Welt. Und auch wenn 1995 die Welt nur drei Milliarden Menschen bevölkerten, war sie nicht minder gewalttätig. Ganz im Gegenteil. Auf die Atombombe kamen wir auch ohne die Hilfe von Frauen. Nun besiegelten wir das Ende unseres Planeten. Gerade als die Welt aus ihren Fugen zu geraten begann, wachte ich schweißgebadet auf. Gleich am nächsten Tag rief ich meine Freundin an. Es geht auch ohne Frauen? Mag sein. Aber ohne mich!

Ausgabe 04, Februar 2008


Antworten

  1. Hello, Toller Artikel. Ich stand sogar Nachts an einer Buchhandlung an, um mit als erste den damals neusten Harry Potter Band lesen zu können.

    • 🙂


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